Montag, 11. März 2013

Über das Neue

DAS ist der Augenblick, in dem die Welt ensteht. 
Ist alles neu. 
Bedient sich zwar der deutschen Sprache, verwendet ihre Grammatik, ihre Worte, aber setzt sie neu zusammen. 
Oder verwendet sie auch nicht, wenn sie dennoch verstanden wird. 
Neu wie alles. 
Alles ist neu. 
Der Kuss ist neu, wenn die Zunge in den Mund des Geliebten dringt. 
Der Blick ist neu, der die zwei fremden Augen trifft. 
Der Windhauch ist es, der soeben leicht sein Fächeln gibt. 
Der Strahl des Mondlichts ist es, weil er Licht ist. 
Licht ist immer neu, brandet auf die Netzhaut: Elektronenstrom. Brandungen gleich an der Küste. 
Der Stein ist neu, obgleich uralt, seit Milliarden Jahren, täglich, stündlich, sekündlich neu. Seine Atome so schnell wie die Temperatur es vorgibt und das Licht, das auf ihn trifft oder abwesend ist im Innern.
Das Reptil ist neu, wie es im Wasser harrt und plötzlich zuschnappt, wenn die Beute lockt. 
Die Pyramiden sind neu, wie der Wüstensand ihre Haut abschmirgelt und der Besucher sie abschleift. 

Die Zukunft ist nicht neu. Denn es gibt sie nicht. Sie ist eine Idee in unserm Kopf und tendiert als solche zur Starrheit. 

Ebenso wie die Vergangenheit. Auch sie existiert nicht, nur als Gedanke in der Gegenwart. Aber über die Gegenwart lässt sich nichts sagen, denn sie ist nur ein Punkt. Und ein Punkt hat keine Ausdehnung, keine existenzielle Dimension. 
Diese Gedanken sind nicht neu, schon von Augustinus gedacht. 

Das Neue ist der nächste Buchstabe, das nächste Wort, das wir aussprechen, gestalten, wie wir es wollen. Wir können es zu Gutem führen oder zu Schlechtem. 

Zu Reichtum oder zu Armut. 
Zu Glück oder zu Unglück. 
Zu Liebe oder zu Hass. 
Zu Erfüllung oder zu Leere. 
Zu Entfaltung oder zu Einfaltung. 
Zu Blüte oder zu Tod. 
Wir haben es in unserer Hand. 

Und Gott? 


Ist wie die Gegenwart. Es lässt sich nichts über ihn sagen.




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