Donnerstag, 2. Oktober 2014

Auf dem Lande (für Birgit und Michael)

Die blinkenden Eisen von Pflugscharen
scheinen das Licht zu bewahren.
oder:
Die blühenden Kerzen der Stockrosen
betreiben schwindelndes Farbtosen. 

So könnt ich wortklecksend sagen,
Skizzen von Landleben wagen.

Doch treibt´s mich nicht zu solchen Bildern,
erbaue fern davon mein Haus,
beschreibe lieber fremde Welten.
Der Augenblick ist mein Zuhaus.

Den Punkt ins Weite auszudehnen,
den ich als liebes Jetzt begreif.
Danach geht all mein innig Sehnen
und bin noch dafür viel zu steif.

Was grast in meinem Hirn als Nächstes
auf duftig buntem Kräutergrund?
Sind´s Scherben nur, Spinnwebverhextes
oder neues Leben, kühn und bunt?

Wenn ich dich packe und dich küsse,
belebt das augenblicks die Zunge,
berauscht mein Hirn und meine Nüsse
und schenkt Tiefatmung meiner Lunge.

Dann dehnen wir die Zeit wie Gummi
und hausen darin urbequem.
Aufm Land aufm Land, ruft da ein Dummi,
sollen die Uhren langsam gehn.
Nein, rufen wir, küssend noch immer,
sie bleiben sogar einfach stehn.

Wir toben irre auf der Stelle,
im Punkt, der alles ist, das Wir.
Und beten ganz gelassen schnelle
Breviere ohne Hast und Gier.

Die äußre Form ist kühl, gediegen,
im Verslein zieht dahin die Sprach,
wir aber fühlen uns fast fliegen,
sind ohne jedes Ungemach.

Und dennoch ist es nicht Extase,
ist Wollen noch, Probier´n, Versuchen.
Wir stechen deshalb in die Blase,
machen zu Matsch den edlen Kuchen.

Wir lecken lichterloh die Flammen,
die unsre Zungen trickreich speien,
solln sie hinfort uns doch verdammen,
wir finden Platz in selgen Reihen.

Wir kuscheln wie die wilden Tiger
mit Unsinn und gekonntem Fug
und Unfug lassen wir dem armen Krieger,
der siegen will mit Lug und Trug.

Die schnelle Fracht auf unsern Lippen
entzückt die Seele, die so leicht
und heiter immer möchte nippen
von dem, was man so schwer erreicht.

Drum singen wir jetzt wie die Staren
ein Lied der Leichtigkeit und Lust.
Wir werden es zwar nicht bewahren,
doch streckts die Zunge raus dem Frust.

Und geb ich dir und dir jetzt einen Kuss,
dann tüt ihn ein und schließ ihn weg.
Es ist nun mal geheimes Muss:
die Liebe braucht schützend Verdeck.



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